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11. Tag: Day-o! Daylight come and me wan go Murud

January 9th, 2013. Published under 11. bis 15. Tag, Alle Berichte, Reise. 1 Comment.

Soundhinweis: Harry Belafontes Jamaica Klassiker the Banana Boat Song wäre prädestiniert für die musikalische Untermalung dieses Blogbeitrags.

Sonntagmorgen in Mumbai – herrlich – wir haben uns als erstes vergewissert, dass wir nach dem doch eher zweifelhaften Etablissement von letzter Nacht keine frischen Narben am Körper trugen und danach unterzogen wir auch die inneren Organe einem kompletten Funktionscheck und gingen indisch frühstücken. Das ist meist sehr lecker – geradezu leckersmecker – v.a. Dr. Daktari ist begeistert, weil die Komponenten typischerweise eher ins Salzige als ins Süsse tendieren, wobei bereits frühmorgens eine gewisse Grundschärfe nicht fehlen darf.

Danach packten wir dann äusserst gemächlich unsere Rickshaw und Jimbo montierte die üblichen Glücksbringer (Morgenritual). Zudem wurde nun auch der Elefantengott Ghanesh – Beschützer aller Reisenden oder Suchenden oder Ausländer oder einfach uns approbat – Gallionsfigurmässig –  montiert. Jimbo hatte keine Chance – dazu waren einfach zuviele neugierige Inder, welche sofort helfen mussten – dementsprechend hat sich der Schreibende ferngehalten und dokumentiert. So ein Spektakel, da vergassen sogar die zwei Bettlerbuben das betteln. Eigentlich (nein sogar echt) eine traurige Sache, doch muss man wissen, dass die zwei hier vor den Touristenhotels wohl niemals betteln könnten, wenn sie nicht quasi eine Lizenz via Bestechung der hier omnipräsenten (inkl.Marksman Schützenpanzer – wir sind ja gleich hinter dem Taj Hotel, auf welches eine kleine Armee islamischer Fundamentalisten 2008 einen äusserst blutigen Anschlag verübt hat – seither gelangt man in kein Hotel mehr, ohne vorher durch Airport Security ähnliche Sicherheits-Checks geschleust worden zu sein)  Polizisten gelöst hätten.

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und das Resultat konnte sich dann auch sehen lassen!

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Damit waren die Formalitäten erledigt (abgesehen natürlich von unerwiderten Nachrichten und Hoffnungen – aber genau dazu begeben wir uns ja immer wieder on the road – nehmen jeden Tag wie er kommt, jede Kurve wie sie sich biegt und freuen uns mit jeder Zündung, dass unser mechanisches Wunderwerk immer noch Wunder tut) – kurzum – Zündung ein und dann Anlasserhebel links kräftig gezogen – Jimbo – wie immer meisterhaft – man beachte die staunenden Gesichter und Dr. Daktari dokumentierend.

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Fahrtwind, Sonne und die Gewissheit, dass wir nun tatsächlich durch diesen unerreicht hektischen Mumbai-Madness-Verkehr wieder rauscruisen, in Gedanken eher kolonialen Bombay Klischees verhaftet, Herz oder Seele – was willst du mehr. Und so hat es uns nicht einmal gestresst, dass wir wirklich alles fahren mussten, weil es tatsächlich keine Rickshaw-transportfähigen Fähren von der Halbinsel Mumbai rüber ans Festland gibt. Sonntag scheint aber auch hier Sonntag zu sein – der Verkehr ist längst nicht so hektisch wie beim reinfahren am Freitag Abend und überall wird Cricket gespielt – sehr schön – so stellt man sich das vor!

Auch andere Verkehrsteilnehmer nahmen es eher gemütlich

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und auch wenn der explizite Wunsch nach einem Weckruf geäussert wird – sogar schriftlich – haben wir es unterlassen – das wäre einfach zu fies. Die Aufforderung “Horn Please” oder “Horn ok Please” ist übrigen Standard auf jedem Fahrzeug, welches zu irgendwas Nutze ist – also ausser den völlig überfllüssigen PWs trägt jedes sonstige Nutzfahrzeug – teilweise sogar die munzigen Rickshaws diese Aufforderung. Eigentlich ganz sympathisch, dass hupen hier als Positionsmeldung erwünscht ist – nur verstehen wir nicht ganz, dass dieser Wunsch meist englisch geäussert wird, obwohl nach unseren Erfahrungen die wenigsten Verkehrsteilnehmer dieser Sprache mächtig zu sein scheinen?! Kann ja aber auch sein, dass im obigen Bild der Nudelsalat rechts unten dasselbe auf Hindi bedeutet – gewisse sprachliche Bildungslücken können wir nicht verleugnen (falls dies zutrifft ist allerdings interessant, dass die Inder offenbar deutlich bessere Augen haben müssen, als die sich der englischen Sprache bedienenden Ausländer…)

Und weil wir beim rumcruisen nicht laufend in Unfälle verwickelt, überfallen oder von zweifelhaften Polizisten angesprochen werden, bleibt auch Zeit für gewisse Querblicke auf Indien. Über Gerüche haben wir schon berichtet – das können wir immer noch bestätigen – aber immer noch nicht transportieren – ihr müsst uns das einfach glauben. Aber Indien ist nicht nur ein Land der Gerüche, sondern auch ein Land der Farben. Bleiches Essen – haben wir berichtet – geht gar nicht – würde auch uns nicht mehr schmecken. Und natürlich würde auch das Auge und damit latent verbunden wohl auch die Seele verkümmern, wenn man nicht farbig wohnen könnte – wie’s innen aussieht haben wir leider noch nicht in Erfahrung gebracht, aber von aussen sieht das so aus

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und falls es mal nicht zu Farbe reicht, dann gibt es wenigsten zwei erfinderische Durchzüge – vermutlich, dass keine bösen Geister an dieser Plattenbaubarriere steckenbleiben und das Werk kriegt einen anständigen Namen!

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Auch sonst ist die indische Baukunst grandios – und untenstehend sieht man exemplarisch, dass eingebaute Wasserröhren wirklich segensreich sind – da kann dann nicht nur das Wasser durchfliessen, sondern auch die bedauernswerten Verkehrsteilnehmer ohne Motor finden endlich mal ein Plätzchen, welches nur ihnen gehört.

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Aber lassen wir die Bauwerke – zurück zu den Menschen: Also in einer Rickshaw aus der verbotenen Zone zuvorderst in Mumbai – Colaba – wieder abzudampfen lässt einem schon fast Rockstar-Status zukommen – ok – der Schreibende gesteht – es war auch Jimbo am Steuer und da ist das mit dem Rockstar schon relativ typähnlich…

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Jedes zweite Auto hupt, alle winken – total relaxed – diese Rickshaw Rally ist also nicht bloss ein Spleen der Briten (welche ja bezüglich kreativen Ideen an unsinnigen Challenges – verbunden mit Charity – schlicht unschlagbar sind – das musste mal gesagt werden – unsere liebste Challenge der Adventurists war immer noch das Wettrennen in einem aufblasbaren McDonald Kinderhüpfschloss (oder typänhlich) über den Ärmelkanal – heimlich haben wir uns aber auch schon für die Sibirien-Rally im Ural Seitenwagen über zugefrorene Flüssen (in der ewigen Nacht anfangs Februar) angemeldet und hoffen natürlich auch auf einen Platz bei der Mondflug-Challenge – aber wir schweifen ab) sondern auch die indische Mittelklasse scheint durchaus gefallen an der Idee mit einer Rickshaw quer durch Indien zu shippern zu finden. Dies hängt sicherlich auch damit zusammen, dass die Inder zu Recht stolz auf ihr Land sind und es wohl keine grössere Hommage an das eigene Mutterland gibt, als wenn aus allen Teilen der Welt über 200 Teilnehmer einfliegen um mit einem einheimischen Fortbewegungsmittel – auch schon glorifizierter Rasenmäher genannt – quer hindurch zu tucken. Man stelle sich vor 200 Inder, Chinesen, Amis, Briten etc, auf “Schnäppern quer durch die Schweiz! Nur wäre dann der Spass schon nach der ersten richtigen Tagesetappe zu Ende – die müssten ja richtig Spiralen fahren, damit das was hergäbe. Aber erneut schweifen wir ab, denn die Fans nahmen kein Ende

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ja die sind echt nicht aus dem Zoo – aber mit denen ist nicht zu spassen, denn die sind uns ja sowohl verwandt, wie auch recht gewitzt wenn es ums Essen und so geht und zubeissen können die angeblich auch – also schnell weg.

Vom Reiseführer gewarnt kamen uns die über 100 Kilometer Umweg nicht mal so lang vor – v.a. weil wir sogar ein Abenteuer erlebten – nämlich auf dem Mumbai-Pune Expressway von der Highway Police gestoppt zu werden: “Three Wheelers not allowed” uuppss – sorry – und mit der Ermahnung dass wir auf dem Pannenstreifen langsam schleichend die nächste Ausfahrt nicht verpassen sollten, war unser Missgeschick auch schon erledigt. Keine unnötigen Kontrollen, keine Busse, keine sonstigen Dienstleistungsfakturierungsversuche – einfach ein unspektakulär korrektes Obrigkeitsverhalten, was auch mal erwähnt werden muss! Shukrija.

Danach aber startete dann die scenic Route und wir wurden extremst belohnt für all die Umfahrungsmühen. Strände. Palmen.  Meer.

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Und dazwischen als Würze eingeworfen – ein alter Maharadja Palast – zwar privat und deshalb nur von aussen zu bestaunen, aber trotzdem märchenhaft allen Klischees entsprechend.

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Und weiter und immer noch Sonne. Strände. Mehr. Meer. Einfach herrlich. Und inmitten dieses Märchens lag das Fischerdörfchen Murud, in welchem wir passend zum Sonnenuntergang ein romantisches Zimmer

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in einem ebenso passenden Hotel (Nomen est Omen – an Tsunamis wollen wir jetzt mal nicht denken)

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fanden.

Also schleunigst auf, König Fischer gesucht – aber nur Tuborg gefunden – bei dieser Szenerie auch egal und dann ab an den Strand um von den langen, harten, unmenschlichen Reisestrapazen zu erholen und die seelischen Batterien wieder aufzuladen – here we go

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Dass nicht alle diesen Sonnenuntergang gleich geniessen konnten ist uns bewusst – das Bild für uns ist trotzdem wunderschön

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und teilweise wurde es sogar kitschig  (das Teil draussen: die berühmte Seefestung von Murud)

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– wobei wir den absoluten Knüller leider kameralos am nächsten Morgen sahen, da haben die lokalen Jungs doch tatsächlich mit den Ochsengespannen Wagenrennen am Strand veranstaltet – unglaublich – zwei Zweiergespannen mit vier Ochsen im gestreckten Galopp – da geht was! Und die Ochsen haben dann auch später schnaubend zwar aber immerhin einige Leckereien zugesteckt erhalten.

Und mit einem fürstlichen Abendessen in einem der zahlreichen Family Restaurants haben wir den Abend dann würdig abgeschlossen und unseren wohlverdienten Schlaf gesucht und gefunden – Tuck off.

Wobei – da wäre noch zu erwähnen, dass es auch Tucks gibt, die der feinen englischen Art nachleben – wir freuen uns schon darauf mit diesen Jungs in Südindien einen Darjeeling Royal First Blush zu schlürfen!

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One Comment

ALEXANDRAHELBLING  on January 9th, 2013

Einfach göttlich die Berichte zu lesen.
Thanks, dass wir auch etwas miterleben dürfen vom Schreibtisch aus.

take care
alexandra

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